16 Dezember 2013

Rückwärts nach vorn: Das Münchner Modell der Werkstatt von H. Hauser I


Gelegentlich haben wir in unserem Blog Arbeiten an Instrumenten kommentiert, die ein Stück weit aus der Reparaturroutine herausragen.

Diesmal ist es ein Instrument aus der Werkstatt von H. Hauser I; ein „Münchner Modell“, datiert 1929, mit Schraubhals und Steckerlsteg, Mensur 640 mm.
Der Hals ist locker; er muss neu befestigt und die Spiellage eingestellt werden. Der Boden hat sich ein Stück weit von der Zarge gelöst und wird nachgeleimt, ebenso der Steg. Das Instrument soll wieder in Konzerten mit Programmen aus der Zeit seiner Entstehung gespielt werden.


Es ist ein einfaches Instrument: die Decke (Fichte) durchgehend weitjährig, Zargen – und Bodenholz sind aus schwach geflammtem Ahorn; sie passen nicht besonders zueinander. Es gibt keine Randeinlage zum Boden, die schlichte Rosette besteht aus Einzelspänen.
Was Freude macht, ist die konsequente, durchgehend genaue Arbeit, die das Instrument auszeichnet. Die Kopfplatte, angesetzt mit dem typischen verdeckten Zapfen,

die Genauigkeit der Ausnehmung für den angeschraubten Hals, eine einfache, immer noch präzise Mechanik aus der Lanstorfer-Werkstatt  – alles zeigt den hohen Standard einer Gitarrenbautradition in Deutschland zu einem Zeitpunkt, der auch eine Wende markiert, bei der die Münchner Hauser Werkstatt eine entscheidende Rolle spielt.




Das Schicksal der Gitarre, entweder Bodensatz des Musiklebens zu sein, oder als Fettauge obenauf zu schwimmen, hatte ihr - nach dem Niedergang in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts - am Beginn des 20. einen neuen Aufschwung beschert. Zentrum dieser Bewegung war der süddeutsche Raum, insbesondere München. Hier kreuzen sich die Entwicklungen: Einerseits eine traditionelle Linie, weil es der Gitarristischen Vereinigung gelungen war, viele wertvolle Instrumente aus Wien nach München zu bringen und „sie den Münchner Gitarristen zu vermitteln, so daß sich bald eine ganze Reihe der schönsten, gut erhaltenen alten Gitarren in München befand. Den Instrumentenmachern war hiermit Gelegenheit geboten, ihre Studien an diesen alten Instrumenten zu machen, was auf den Gitarrebau äußerst fördernd wirkte und den Münchner Meistern für die Zukunft eine Vormachtstellung  gab“. (1)
 Es bleibt also festzuhalten, dass der Gitarrentyp, der den Aufschwung der Gitarre im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts begleitet und von München aus Kreise zieht, die evolutionäre Weiterentwicklung und Wiederauferstehung des Instruments als „Münchner Modell“ ist, das in Wien, hundert Jahre zuvor, seine Triumphe in der Musikwelt gefeiert hatte. Auch Richard Jacob „Weissgerber“ in Markneukirchen bewirbt und baut ein „Münchner Modell“ in „allen Details typisch für die 1920 Jahre“. (2)
Mit dem Wiederaufleben des Gitarrespiels in der Breite und damit verbundenen solistischen Ansätzen in Deutschland (3) erwacht auch das Publikumsinteresse neu. Durch Konzertreisen von M. Llobet und A.Segovia wird das Instrument wieder in den Konzertsälen etabliert. Aber sie spielen die spanische Gitarre in der Torresform, die nun Furore macht. Diese Entwicklung wird von allen Werkstätten reflektiert.
Auf dem Boden der in Rede stehenden Hauser I Gitarre ist eine Nummer eingebrannt: DRP 339867. Erteilte Patente können mittlerweile im Archiv des Deutschen Patentamts online recherchiert werden. So war es möglich, sich zu vergewissern, um was es sich bei diesem Patent handelte: Der Schraubhals konnte es nicht sein, vielleicht aber die „Patentbeleistung“ wie sie sich bei Franz Jahnel in einer Zeichnung findet. (4)
 





Tatsächlich wurde H.Hauser am 9.11.1920 das Patent für ein Beleistungssystem zuerkannt. Interessanterweise werden in der zweiseitigen Begründung der Patentansprüche ausführlich akustische Mängel sowohl des Wiener Modells als auch der Spanischen Gitarre aufgezählt und  beschrieben. Dann wird der Anspruch formuliert: „Gegenstand der Erfindung ist eine Gitarre, deren Bauart so beschaffen ist, daß sie alle diese Nachteile restlos und einfach beseitigt.“




Der Aufwand, der mit jeder Patentanmeldung verbunden ist und der hier von einer eher kleinen Werkstatt geleistet werden musste, lässt den Schluss zu, dass mit dieser Vorstellung eines innovativen Schubs, ein in Mitteleuropa weitverbreitetes Gitarrenmodell mit einer langen Geschichte gegen ein „auf den Markt“ drängendes neues Modell noch einmal positioniert werden sollte. Die Geschichte ist darüber hinweggegangen. Aber was hier entschieden hat, ist möglicherweise weniger eine Sache des Instruments gewesen, als der Strahlkraft von Virtuosen wie Pujol, Llobet und Segovia zuzuschreiben(5). Sie spielten allerdings auf Instrumenten, die noch von A.Torres selbst gebaut wurden oder eindeutig auf ihn zurückgingen. So ist die spanische Gitarre zu unserer Konzertgitarre geworden. Einen entscheidenen Beitrag dazu leistete H. Hermann Hauser I, der sich von diesen Instrumenten inspirieren ließ und in den dreißiger Jahren die Gitarre bauen wird, die A. Segovia bis 1970 spielte.

(1) Fritz Bueck, Die Gitarre und ihre Meister, S. 130
(2) Christof Hanusch,  Weissgerber, S.276/277
(3) Karl Huber, Die Wiederbelebung des künstlerischen Gitarrespiels um 1900
(4) Franz Jahnel, Die Gitarre und ihr Bau, S.41
(5) Wolf Moser, Miguel Llobet der stille Weltmeister, Gak, IV/13

22 November 2013

Neues aus Singapur - Abby Loh plays "Hänschen klein"

Vor etlichen Jahren hatte Kevin Loh aus Singapur seine erste (Kinder)gitarre von uns erhalten – er ist auf diesem Instrument auf unserer Webseite zu hören. Kevin wurde größer und mit ihm die Instrumente aus unserer Werkstatt. Als er mit dem Gitarrenspiel anfing, war seine kleine Schwester noch nicht geboren. Hier ist Abby nun mit ihrem großen Bruder zu sehen und zu hören: Sie spielt inzwischen Kevins erste Gitarre.

19 November 2013

Von Frankfurt nach Frankfurt

Am vergangenen Wochenende haben wir, wie schon vor einem Jahr, an den „Internationalen Gitarrentagen“ in Frankfurt an der Oder teilgenommen. Wir stellten unsere Instrumente aus und hielten einen Vortrag mit Bildern über den Bau einer Meistergitarre.





Die Gitarrentage sind ein Gemeinschaftsprojekt der Musikschulen in Frankfurt an der Oder und im polnischen Slubice auf der anderen Oderseite; Teilnehmer und Dozenten kommen aus Polen und Deutschland. Gut besuchte Konzerte fanden an den Abenden in einem kleinen Theater statt.
Der deutsch-polnische Austausch ist stets präsent, schon ganz praktisch durch die Unterbringung in einem Studentenheim der Europäischen Universität Viadrina in Slubice, ganz fußläufig zur deutschen Musikschule in Frankfurt gelegen. Beim Überqueren der Oderbrücke ist kaum noch vorstellbar, dass hier einmal eine streng bewachte Grenze verlief.






















Es waren interessante Tage in einer besonderen, herzlichen Atmosphäre in unserer Namens-Partnerstadt, die so viel überschaubarer ist als unser Frankfurt am Main – und die an einem Fluss liegt, dessen Ursprünglichkeit uns sehr beeindruckt.
Musikschule Frankfurt an der Oder



09 August 2013

Unsere Web-Seite

haben wir neu gestaltet.  Sie ist technisch auf den neuesten Stand gebracht, so dass sie jetzt auch auf Smartphone und Tablet mit kleinerem Bildschirm gut zu sehen ist. Zu jeder Themenseite gibt es eine Diashow mit Fotoausschnitten, durch Anklicken der Bilder öffnet sich jeweils eine Vergrößerung. Neu ist die Seite „aus dem Gitarrenschrank“, auf der wir Gitarren zeigen, die aktuell in der Werkstatt angespielt werden können.
Übrigens hat der Gestalter unserer Webseite natürlich auch selbst eine, auf der er unter anderem Filmporträts zeigt – da gibt’s auch einen Film über uns und unsere Werkstatt:

Viel Spaß beim Anschauen!

31 März 2013

und nun zu etwas ganz Anderem...


Zupfinstrumentenbauer spezialisieren sich in der Regel früh auf einen Bereich ihres Berufsfeldes – Gitarren, Mandolinen, Zithern, Lauten. Bei uns dreht sich alles mehr oder weniger um die Gitarre. Die Vorstellung, mich einmal intensiver mit einem anderen Segment „unserer“ Instrumentenfamilie zu befassen, hat mich schon lange beschäftigt. 
Als mir ein Kollege erzählte, dass der Lautenbaumeister Günter Mark einen Lautenbaukurs durchführen wollte, war ich deshalb gleich Feuer und Flamme. So entstand vor einem Jahr eine Renaissancelaute nach Gerle;


 für mich zum Teil sehr ungewohnte Arbeiten, die mir aber durchaus auch Impulse für den Gitarrenbau boten: Das Abstimmen der Decke zum Beispiel ist sicher nicht 1:1 übertragbar, aber viele der zugrunde liegenden Überlegungen lassen sich auch auf Aspekte der Deckenbearbeitung bei der klassischen Gitarre anwenden.

Als Günter Mark in diesem Frühjahr wieder einen einwöchigen Kurs zum Lautenbau anbot, diesmal mit freier Auswahl des Instruments, lockte mich die Vorstellung sehr, nochmals in dieser schönen Lautenbauwerkstatt in ruhigster Umgebung mit einigen anderen Kursteilnehmern, die ich nun schon kannte, unter der geduldigen, genauen und informativen Anleitung von Günter Mark arbeiten zu können – nicht zuletzt wegen der freundlichen und entspannten Atmosphäre beim Arbeiten und bei Essen und Gesprächen im Kreis der Familie.

Als Instrument wählte ich eine Barockmandoline nach Presbler– mit Abstand das kleinste Instrument, das in diesem Kurs entstehen sollte: immerhin war auch eine Theorbe in Planung! Fertig geworden bin ich in fünf Arbeitstagen natürlich nicht; immerhin gibt es nun aber schon die Muschel aus zweifarbiger Eibe zu sehen, 
die Decke mit Rosette ist fast fertig, der Steg in Arbeit. Ich bin gespannt auf das Resultat!

19 Februar 2013

NELLY

Zu den guten Vorsätze für das (schon nicht mehr ganz) Neue Jahr gehört unbedingt, das Werkstattfenster wieder öfter für neue Nachrichten zu öffnen. Nicht, dass im letzten Jahr nichts passiert wäre: Es gab Instrumentenausstelllungen bei den Gitarrenwochen in Rotenburg und Frankfurt an der Oder, das Instrumentenbau-Wochenende bei den Gitarrentagen in Meinerzhagen, einen Besuch bei der sogenannten Handwerksmesse in München (die Bezeichnung "Heim und Hobby" wäre zutreffender); Margarete hat zudem zum zweiten Mal  einen Lautenbaukurs bei Günter Mark in Elsa mitgemacht und mit dem Mandolinenorchester Neuenhain eine Konzertreise nach London und Birmingham unternommen. Interessante Aufträge gab es auch - der Bau einer sehr kleinen Konzertgitarre, die natürlich trotzdem tragfähig sein sollte, gehörte dazu. Und nicht zuletzt: Im Frühjahr starb unsere Werkstattkatze Molly, wahrhaftig eine Katzengreisin, die uns über 20 Jahre begleitet hat. Beim Neujahrsgruß ruht sie auf Wolke Sieben. Es hat lange gedauert, bis wir uns zu einer Nachfolgerin entschließen konnten, aber eigentlich gehörte zu dieser Werkstatt immer eine Katze und außerdem feiern inzwischen die Mäuse im Garten Party.
Jetzt ist sie da, die Neue: Nelly aus dem Tierheim, circa zwei Jahre alt, verschmust und verspielt und, wie man sieht, auch an Gitarren bereits besitzergreifend interessiert:

















 Ihre Qualitäten als Mäusejägerin müssen sich erst noch zeigen, im Augenblick hat sie noch keinen Ausgang, weil sie sich noch eingewöhnen muss. 
Auf gute Zusammenarbeit!

01 Januar 2013

und jetzt 2013!

Werkstattkatze Molly grüßt von Wolke 7...