12 Dezember 2011

Eine Rosine im Werkstattalltag

Von Anfang an haben wir Reparaturen ausgeführt und sie sind ein Standbein für die Werkstatt geblieben. Oft genug stellt sich freilich schnell die Sinnfrage, wenn der Aufwand in allzu krassem Gegensatz zum industriell hergestellten Instrument steht. Aber es ist nun einmal so:  die Musikschulen, Anfänger, Gelegenheitsspieler, brauchen preiswerte Instrumente und auf deren Alltagswegen, oft nur geschützt von dünnen Taschen, scheint es gelegentlich rauh herzugehen.  Und so geht es bei den abgebrochenen Kopfplatten, Deckenrissen, eingedrückten Sperrholzzargen und Böden, abgerissenen Stegen immer um die gleiche Frage: Kann dieses Instrument mit vertretbarem Aufwand als Instrument erhalten werden?

Aber zum Glück gibt es neben dieser Routine auch immer wieder die schöne Abwechslung und diesmal auch eine Geschichte zu einem (für uns) besonderen Instrument.











 Eine einfache Konzertgitarre aus geflammtem Ahorn und Fichte, der Boden ohne Randeinlage aus einem Stück, der sich von den Zargen teilweise gelöst hatte. Auch der mittlere Bodenbalken mußte nachgeleimt werden.

 Die Rosette aus Einzelspänen mit einer Ader. Ein ausgespanter Riss in der Decke war wieder aufgegangen. Der Hals aus Laubholz (Buche) war nach der deutschen Bauweise in den Oberklotz eingesetzt und mit einer Vierkantschraube zur Halskorrektur ausgeführt. An dieser Stelle zeigte das Stöckel einen Riss.
Das Griffbrett steht  frei über dem Korpusrand am 12. Bund. 
Die Kopfplatte, mit einer angedeuteten hohen „Torres-Krone“,  ist  unfurniert und mit dem typischen verdeckten Zapfen angesetzt.
Im Innern war ein  handgeschriebener Zettel eingeklebt: Anton Mettal, Gitarrebauer in Schönbach, 1932.
Schönbach, dieses kleine Städtchen im deutschsprachigen Siedlungsgebiet in Böhmen ist eine der Wiegen des deutschen Instrumentenbaus. Von dort brachten Handwerker nach dem dreissigjährigen Krieg das Gewerbe nach Markneukirchen. In der Folge bildete sich der „Musikwinkel“ heraus – ein kleines Zentrum, indem zuerst als bäuerlicher Nebenerwerb im Winter, zunehmend in Werkstätten und Manufakturen allerlei Musikinstrumente produziert wurden.
Die Ausdehnung zum florierenden Geschäftszweig lag bald in den Händen sogenannter “Verleger“. Das waren Kaufleute, die von Markneukirchen aus ein weitverzweigtes Vertriebsnetz aufbauten und in den kleinen, umliegenden Dörfchen und Landstädten, Schönbach, Erlbach, Adorf, Klingenthal etc. produzierten Instrumente in Auftrag gaben oder aufkauften und unter ihren Firmen- oder Markennamen schon im 19. Jahrhundert in alle Welt verkauften. So ergaben sich Abhängigkeitsverhältnisse, die rigide durchgesetzt wurden und aus denen herauszuwinden nur wenigen gelang.
Unser Lehrmeister Gerold Karl Hannabach stammt aus einer alteingesessenen Schönbacher Familie, die Instrumente und Saiten herstellte. In seinen Erzählungen aus der alten Heimat war auch immer wieder von den Brüdern Mettal die Rede, die „gute Gitarren“ machten. Anton Mettal war der älteste der vier Brüder. Er blieb in Schönbach und lebte dort bis 1954.
1990 fuhren wir mit Hannabach dorthin. Von dem Haus der Familie Mettal waren nur noch Reste der Grundmauern zu sehen.

19 September 2011

Gitarrenbau in Frankfurt - eine Spurensuche

1. Runde
Manchmal passiert lange nichts und dann auf einmal viel. Auf die Gitarrenszene bezogen meine ich die großartige Ausstellung „Faszination Gitarre“ im Berliner Musikinstrumentenmuseum SIMPK und die Richard Jacob „Weißgerber“ gewidmete Ausstellung in Markneukirchen, zu der Christof Hanusch den Katalogteil und seine umfassenden Forschungen zur Lebensarbeit dieses Gitarrenbauers in einem schönen Buch vorgelegt hat.
Natürlich ist das, was da auf einmal passiert und die Oberfläche der Öffentlichkeit erreicht, das Ergebnis jahrelanger Vorbereitungsarbeit. Umso schöner!

Neben Vielem fiel uns in Berlin ein hübsches kleines Instrument, eine Terzgitarre, auf; ich tue ihm kein Unrecht, wenn ich sage, dass es vor allem der Zettel war: „Eugen Sprenger, Frankfurt 1912“.
Das nahm ich zum Anlass, einen alten Plan wieder aus der Schublade zu ziehen.
Ich wusste aus einem 20 Jahre zurückliegenden Zusammenhang, dass zum Musikinstrumentenbestand des  Historischen Museums in Frankfurt auch das Nachlasskonvolut eines Zupfinstrumentenmachers gehört. Könnte es sich dabei um Eugen Sprenger handeln?
Es waren nicht in erster Linie biographische Details, die mich interessierten, sondern die Vorstellung, möglicherweise etwas über die Arbeitsweise eines Mannes zu erfahren, der in der von Moden, Auf- und Abschwüngen gekennzeichneten Geschichte unseres Instruments in einem „historischen Moment“ arbeitete; der Zeit, in der sich die Gitarre durch die Auftritte der spanischen und lateinamerikanischen Virtuosen in deutschen Konzertsälen ein  neues Publikum eroberte.
Die Instrumente die sich jetzt durchsetzen, sind ganz anders als die, die bisher im mitteleuropäischen Kulturkreis eine Rolle gespielt haben. Die faszinierende Frage ist, ob und wie dieser Impuls aufgenommen wird und in der eigenen Lebensarbeit durchscheint. Der Blick zurück ist also auch ein Blick nach vorn: Wie werden Entwicklungen aufgenommen, wie bestimmen Einflüsse von außen die eigene Arbeit?
In Bezug auf z.B. Hauser und Weißgerber scheinen die Verhältnisse klar: Beide fangen an, Gitarren in „spanischer Manier“ zu bauen. Aber auch in Frankfurt traten spanische Gitarrenvirtuosen auf. Soviel zum Ausgangslage.
Über den „Lütgendorff“ war schnell herausgebracht, dass Eugen Sprenger Geigenbauer war und in der Frankfurter Innenstadt eine Werkstatt betrieb, in der auch sein Sohn nachfolgte. Weil es kein käufliches Verzeichnis des Bestands der Musikinstrumente im Historischen Museum gibt (das einzige und letzte stammt aus den zwanziger Jahren) wendete ich mich in der Hoffnung, von Sprenger  möglicherweise noch Instrumente im Bestand des Historischen Museums zu finden, an die Kuratorin der dortigen Musikinstrumentensammlung.
Mein Ansinnen wurde sehr freundlich behandelt. Von einer Mitarbeiterin des Museums betreut, bekam ich Gelegenheit, mir die digital gespeicherten Daten des Bestands anzusehen. (Die Instrumente sind derzeit eingelagert, der Museumstrakt aus den sechziger Jahren wird gerade abgerissen.)
Leider gab es von Sprenger keine weiteren Instrumente und so verlor sich seine Spur in ein paar Rechnungen, die er für Reparaturen, immerhin an Zupfinstrumenten der Sammlung, in den fünfziger Jahren gestellt hatte.

2.Runde
Bei der Durchsicht der Instrumentenkartei wurde das Interesse am Instrumentenbauer/Frankfurt -Thema auf einer neuen Stufe wach. Eine kleines Wiener Modell erregte meine Aufmerksamkeit, zu dem  folgende Daten notiert waren: „Martin Rüdiger, Frankfurt 1850.“
Im „Lütgendorff“ von 1922 ist unter diesem Namen folgendes vermerkt:

Rüdiger. M. - Frankfurt 1820.  Ist mir bisher nur durch einen Reparaturzettel bekannt geworden.

Ich durfte mir das Instrument ansehen, was von Seiten des Museums unter den derzeitigen, provisorischen Umständen ein großes Entgegenkommen war. So kam mir in der Restaurierungswerkstatt die Inv.Nr. x021 1948 unter die Augen:
Mensur nicht leicht zu bestimmen (ca.625-630mm), weil der Steg sich durch den Saitenzug hochgestellt hatte und an den Bohrungen für die Steckerl durchgebrochen war. Korpusform schmale Acht,  Fichte, Ahorn leicht geflammt, der Boden einteilig. Emberger Kopf mit (Original)Mechaniken, Kopfplatte mit verdecktem Schwalbenschwanz angesetzt.
Im Innern ein gedruckter Zettel: Martin Rüdiger  - Instrumentenbauer – in Frankfurt. 

In der Zwischenzeit hatte ich den von Thomas Drescher erweiterten Lütgendorff- Nachfolgeband zu Rate gezogen und bei „Martin Rüdiger“ keinen zusätzlichen Eintrag gefunden.
So konnte man, mit aller Vorsicht, von einem Ergebnis sprechen: Es gab jetzt das komplette Instrument von einem Mann, von dem bisher nur ein Reparaturzettel bekannt war.
Das Interessante war jetzt natürlich, ob noch mehr herauszufinden sei, was ein Licht auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen eines Instrumentenbauers dieser Zeit in Frankfurt werfen könnte.
Ernüchterung nach dem ersten Gang ins Stadtarchiv. Dass ich eine Nadel im Heuhaufen suche, wurde mir von einem Mitarbeiter schonend beigebracht. Im Archivbestand gibt es große Lücken durch die katastrophalen  Bombenangriffe, in denen die Altstadt 1945 verbrannte.
Instrumentenbauer waren zudem unter die Freien Künsten subsumiert, die in den  stadtobrigkeitlichen Akten keine Rolle spielen.
Ich könnte aber z.B.  im Geburtenbuch nachschauen um das bei Lütgendorff angegebene Geburtsjahr 1820 zu überprüfen. Das sei einfach, weil auf Microfilm einsehbar.
Langer Rede kurzer Sinn: Nach Stunden angestrengten Entzifferns schwungvoller Handschriften gab ich fürs erste auf. Ich hatte die Register M und R ohne Erfolg durchgesehen und sieben (von zehn) Folien Microfilm, die ihrerseits 35 Seiten in Handschrift abbildeten, zu lesen versucht.
So bleibt die Frage übrig, welche Angaben Lütgendorff  hatte, um seinen Eintrag mit dem Hinweis auf sein Geburtsjahr zu versehen: Rüdiger, M. - Frankfurt, 1820.
Was sich ergeben hat ist also nicht viel. Wenn man aber bedenkt, wie lange etwas ein bloßer Gedanke war, ist, um an den Anfang zurückzukehren, doch einiges geschehen.
Mal sehen, wie es weitergeht.

12 Juli 2011

Gitarrenbaukurs in Meinerzhagen

Im vergangenen Jahr fand zum letzten (und dreißigsten) Mal unser Gitarrenbaukurs in Barmstedt statt. Nun haben wir die Leitung des Gitarrenbaukurses in Meinerzhagen übernommen, den bisher G.K. Hannabach gemeinsam mit seinem Sohn parallel zum Barmstedter Kurs gestaltet hatte. Hier haben wir Gelegenheit, unsere bisherige Arbeit weiterzuführen, in einem sehr komfortablen, schön gelegenen Gebäude (Haus Nordhelle in Meinerzhagen-Valbert) mit hellen, gut ausgestatteten Werkräumen. Die Umgebung lädt zum Wandern ein (sofern dafür Zeit bleibt) und es gibt sogar ein Schwimmbad! Der Kurs ist Teil des Märkischen Gitarrenseminars, das von Andreas Koch jeweils im Frühjahr durchgeführt wird – für hochkarätigen Gitarren-Musikgenuss ist also gesorgt.
Allerdings gibt es weniger Arbeitsplätze als in Barmstedt, weshalb die Teilnehmerzahl auf 8 begrenzt ist. Und es handelt sich um ein Wochenendseminar, wir haben also weniger Zeit für die geplanten Projekte – da ist ein bisschen mehr Vorab-Organisation gefragt. Die Teilnehmer des Baukurses haben aber die Möglichkeit, bereits am Donnerstag zu kommen und bis Montag zu bleiben, so dass auch Projekte umgesetzt werden können, die mehr Zeit erfordern.
In diesem Jahr hatte das Seminar den Themenschwerpunkt „Schellack-Politur“ - eine gute und intensiv genutzte Möglichkeit, sich parallel zum eigenen Arbeitsprojekt mit einer interessanten und wichtigen Arbeitstechnik zu beschäftigen. Themenschwerpunkte möchten wir auch weiterhin nach Absprache mit den Kursteilnehmern anbieten – es bereichert die gemeinsame Arbeit und gibt uns und den Kursteilnehmern die Möglichkeit, den Aktionsrahmen unserer Arbeit zusammen kreativ zu gestalten.
Im nächsten Jahr findet das „Märkische Gitarrenseminar“ und der Baukurs vom 27. bis 29. April statt. Weitere Informationen und Anmeldung unter www.andreas-koch-gitarre.de



25 Juni 2011

Andalucia, si, si!

Nach über 20 Jahren wieder eine Reise nach Andalusien. Mit unserer 23 Jahre und 320 000 km alten Kiste noch einmal über 6000 km durch Frankreich und Spanien – sie hat sich den Ehrentitel „El Benzo“ redlich verdient. Unsere Autokarten konnten wir allerdings entsorgen, wir hatten nicht mit den Auswirkungen der EU-Subventionen auf den Straßenbau in Spanien gerechnet: Ein Spinnennetz (zumeist leerer) Autobahnen legt sich über Andalusien, flankiert von riesigen Windparks und Solarfeldern. Unsere Lieblingsplätze kaum wiederzuerkennen, Tarifa ein Surfer“paradies“, die Bucht von Bolonia zugebaut, die wunderbare Tapas-Bar in Facinas zur (offenbar schon lange geschlossenen) Disco umfunktioniert. Doch allmählich erkennen wir altbekannte Gesichter, den Gitano, dem wir damals eine Gitarre schenkten, seine Schwester, die wunderbar Bulerias sang, den Gastwirt einer Bar und “ El Sevillano“, der einmal hochfliegende Pläne für den Bau von Ferienwohnungen hatte, von denen nun aber nur eine recht bescheidene Bauruine stehen geblieben ist. Immerhin, es gibt ihn noch und wir erinnern uns an die schönen Abende, an denen er uns (Nomen est Omen) das Sevillana-Tanzen beibrachte.
Von unserer Unterkunft in Vejer de la Frontera – nach wie vor eine der schönsten Städte der Region, sehr verwinkelt und unverkennbar maurisch geprägt auf einem Berg gelegen – Abstecher in Orte, in denen wir Gitarrenbauer kennenlernten und auch wiederfanden– Montellano, Algodonales, Cadiz. Andere Orte, in denen Kollegen lebten, die wir gern wiedergesehen hätten, waren für die kurze Reise zu weit entfernt – Andalusien ist ja so groß und die Vorstellung, uns in touristisch attraktiven Städten wie Granada, Cordoba, Almeria bewegen zu müssen, hat uns eher geschreckt.
Alles in allem eine Fahrt mit gemischten Gefühlen, wie das so ist bei Reisen in die Erinnerung, bei denen sich die Bilder der Vergangenheit und der Gegenwart ständig überlagern. Aber immerhin: Es scheint so, als spiele sogar Tio Pepe (die Flasche mit der Gitarre) ein Instrument von uns...
Hasta luego, si Lo quiere!

07 Februar 2011

Don Mendo Trio

Tim Schikoré mit seinem Trio, einer mitreißenden Bulería und zwei Flamenco-Gitarren von Christian!

03 Januar 2011

Neujahr 2011